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Dr. Jemma King über Schlaf- und Stressmanagement zur Optimierung der Arbeitsleistung

Im Rahmen einer Fragerunde beantwortete Dr. Jemma King, promovierte Expertin für menschliches Verhalten, in der App Fragen unserer Mitglieder zur Wissenschaft hinter Schlaf und Stress sowie kognitiver Leistung am Arbeitsplatz.

In unserem Podcast berichtete Dr. King kürzlich von neuen Forschungserkenntnissen, die sie bei einer gemeinsamen Studie mit WHOOP gewinnen konnte, in der der Zusammenhang zwischen Schlaf und Leistungsfähigkeit am Arbeitsplatz untersucht wurde. Unter anderem zeigte sich, dass ein angesammeltes Schlafdefizit zu einer Abnahme der mentalen Kontrolle am folgenden Tag führt, während mehr Slow-Wave-Schlaf (Tiefschlaf) genau den gegenteiligen Effekt hat.

Bei einer Fragerunde mit unseren Mitgliedern ging Dr. King näher auf die Studie ein und beantwortete weitere Fragen zum Thema Stress am Arbeitsplatz. Hier sind einige der Highlights.

 

 

STUDIE ZU SCHLAF UND KOGNITIVER LEISTUNG AM ARBEITSPLATZ

Frage: Ich habe mir gerade den Podcast zu Ihrer Studie über den Zusammenhang von Stressniveaus und kognitiver Leistung angehört. Meine Frage dazu lautet: Welche wirksamen Methoden gibt es, um die kognitive Leistung zu verbessern, wenn das Stressniveau im Wesentlichen gleich bleibt?

Dr. Jemma King: Hierzu können wir noch einen genaueren Blick auf die Studienergebnisse werfen:

1. Je 45 Minuten an Schlafdefizit verzeichneten die Führungskräfte, die an der Studie teilnahmen, am folgenden Tag eine Abnahme der Leistung bei mentalen Kontrollaufgaben um 5 bis 10 %. Wird der Schlafbedarf des Körpers nicht gedeckt, kommt es zu einem Schlafdefizit. Das von WHOOP berechnete Schlafdefizit ist die Differenz zwischen der Menge an benötigtem und an erhaltenem Schlaf. Das aktuelle Schlafdefizit wird dabei zum Schlafbedarf für die heutige Nacht addiert.

2. Pro 30 Minuten Slow-Wave-Schlaf verzeichneten die Führungskräfte am folgenden Tag eine Zunahme der Leistung bei mentalen Kontrollaufgaben um 5 bis 10 %. Slow-Wave-Schlaf (oder auch Tiefschlaf) dient der Regeneration und ist besonders für das Wachstum und die Reparatur der Muskeln wichtig. In dieser Schlafphase produziert der Körper etwa 95 % seines täglichen Bedarfs an Wachstumshormonen.

Die Ergebnisse unterstreichen, welche wichtige Rolle die Schlafqualität für die kognitive Leistungsfähigkeit am nächsten Tag spielt. Um am nächsten Tag eine optimale kognitive Leistung abrufen zu können, sollte man daher unter anderem auf ausreichenden Nachtschlaf achten. Aber auch eine gute Schlafregelmäßigkeit – möglichst einheitliche Einschlaf- und Aufwachzeiten – kann zu einer spürbaren Verbesserung der Schlafqualität beitragen. Durch diese Regulierung der Schlafroutine fällt es dem Körper in der Nacht leichter, gesunden Schlafmustern zu folgen. Das erhöht die Chancen, genau die richtige Menge an REM- und Slow-Wave-Schlaf zu bekommen.

Ein weiterer sehr wichtiger Faktor ist die Verringerung des Alkoholkonsums. Zu viel Alkohol wirkt sich äußerst negativ auf den REM-Schlaf aus – also den mental erholsamen Schlaf. Es fällt dann schwerer, die Erinnerungen des Tages zu verarbeiten oder neu erlernte Fähigkeiten zu verinnerlichen. Zudem empfiehlt es sich, bei der Ernährung auf einen hohen Anteil an Omega-Fettsäuren zu achten, da diese nachweislich die Reaktionszeit und die Geschwindigkeit der kognitiven Informationsverarbeitung erhöhen. Auch die Einnahme von Vitamin B ist gut für die Gesundheit des Nervensystems. Durch eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr lassen sich die kognitive Leistung und das Konzentrationsvermögen ebenfalls steigern. Zu guter Letzt sollte noch die Aufnahme von Fruktose reduziert werden, da diese nachweislich ein Phänomen namens Hyperosmolarität hervorrufen kann. Dabei entsteht eine hohe Konzentration von Fruktose in der Zerebrospinalflüssigkeit, durch die den Gehirn- und Kapillarzellen Wasser entzogen wird, was diese schrumpfen lässt und die kognitive Leistung beeinträchtigt.

Frage: Inwiefern kann diese Forschung Menschen dabei helfen, ihre Leistungsfähigkeit zu optimieren?

Dr. King: Da moderne Arbeitsplätze in technologischer Hinsicht immer komplexer werden, sind Arbeitnehmer:innen zunehmend auf gute kognitive Fähigkeiten angewiesen, um Höchstleistungen erbringen und auf dem Arbeitsmarkt bestehen zu können. Kognitive Fähigkeiten wie geistige Flexibilität, schnelle Informationsverarbeitung, Impulskontrolle sowie ein gutes Arbeitsgedächtnis sind so wichtig, weil sie es uns ermöglichen, klar zu denken, unter Druck schnelle und richtige Entscheidungen zu treffen, komplexe Probleme zu lösen und andere Menschen zu führen.

Die Ergebnisse unserer Studie zeigen, dass ein geringeres Schlafdefizit und mehr Slow-Wave-Schlaf zu einer besseren mentalen Kontrolle am nächsten Tag führen. Wenn Unternehmen also das Beste aus ihren Mitarbeiter:innen herausholen wollen, müssen sie sie bei einer optimalen Work-Life-Balance unterstützen. Diese fördert nicht nur die kognitive Erholung, sondern kann auch ein Wettbewerbsvorteil sein. Mit anderen Worten: Faktoren wie eine hohe Schlafqualität sorgen für zufriedenere und in kognitiver Hinsicht leistungsfähigere Mitarbeiter:innen und tragen somit auch zum Unternehmenserfolg bei.

Frage: Was bedeutet die Studie für die Art und Weise, wie Unternehmen ihren Mitarbeiter:innen zu einer besseren Work-Life-Balance verhelfen können?

Dr. King: Wenn Unternehmen in Wearables wie WHOOP investieren, zeigen sie damit meiner Meinung nach sehr deutlich, dass ihnen die Gesundheit und das Wohlbefinden ihrer Mitarbeiter:innen am Herzen liegen. Der Ansatz ist im Grunde ganz einfach: Wenn Mitarbeiter:innen überarbeitet sind, unter Schlafmangel leiden, zu viel sitzen oder sich nicht genug Zeit für sich selbst nehmen, zeigt sich das in ihren WHOOP Daten und diese Probleme können gezielt in Angriff genommen werden.

Meiner Erfahrung nach ist WHOOP eines der effektivsten Tools, wenn es um die Förderung von gesunden Verhaltensweisen geht. In den erfassten Werten lassen sich die Auswirkungen des eigenen Lebensstils auf die Gesundheit und das Wohlbefinden sehr gut nachvollziehen. Das schnelle und direkte Feedback zeigt dabei, wie wirksam Veränderungen der eigenen Verhaltensweisen sind oder welche Folgen es haben kann, wenn man alles beim Alten lässt. Mitarbeiter:innen und Unternehmen können dabei gleichermaßen von den Messwerten profitieren, da diese konkrete Einblicke in Schlafleistung, Belastung und Erholung liefern, die als Grundlage für Entscheidungen über die Arbeitsbelastung dienen können.

Wie wir aus einer Vielzahl von Untersuchungen wissen, korrelieren diese Messwerte stark mit der Immunfunktion und der Verletzungslast. So liefern die Daten Mitarbeiter:innen beispielsweise einen objektiven Nachweis für Krankheit, Überlastung oder gar Burnout. Umgekehrt lässt sich aber auch die Arbeitsbereitschaft belegen und Unternehmen können leichter verhindern, dass Mitarbeiter:innen trotz Krankheit am Arbeitsplatz erscheinen. Dadurch kann nicht nur die gesunde Belegschaft besser geschützt werden, sondern auch die Fehlzeiten insgesamt können verringert werden.

Da die negativen Auswirkungen (finanzieller und physischer Art) von übermüdeten, ausgebrannten Mitarbeiter:innen zunehmend deutlicher zutage treten, führen Unternehmen immer häufiger Prämienprogramme für guten Schlaf ein. Diese Programme räumen mit dem alten – aber immer noch weit verbreiteten – Irrglauben auf, dass wenig Schlaf und Überarbeitung Zeichen für besonderen Einsatz oder Arbeitseifer wären.

Frage: Was war Ihrer Meinung nach die interessanteste oder überraschendste Erkenntnis?

Dr. King: Meine Oma würde jetzt wahrscheinlich schmunzeln, aber am meisten hat mich tatsächlich überrascht, wie ungemein positiv sich guter und erholsamer Schlaf auf die kognitive Leistungsfähigkeit auswirkt. An dem Spruch „Schlaf erst mal eine Nacht drüber“ ist also wirklich etwas dran. Wer dauerhaft zu wenig schläft, ist nicht nur geistig und körperlich weniger leistungsfähig, sondern auch anfälliger für psychische Probleme. Deshalb stelle ich mir abends mittlerweile immer öfter die Frage, ob ich wirklich bis spät in die Nacht fernsehen sollte.

 

ARBEITEN IM MEDIZINISCHEN UND MILITÄRISCHEN BEREICH, IM SCHICHTDIENST & ANDERE SPEZIELLE ARBEITSFORMEN

Frage: Was ist mit Menschen in der Film- und Musikbranche? Wie können diese Erkenntnisse Ihrer Meinung nach von Personen genutzt werden, die über kurze Zeiträume 18 bis 20 Stunden am Tag extremen Stress erleben und anschließend auf der Suche nach dem nächsten Job monatelang leichtem, aber konstantem Stress ausgesetzt sind?

Dr. King: Wenn es um Bevölkerungsgruppen geht, deren Arbeit von abwechselnd hoher und niedriger Intensität geprägt ist, ziehe ich gerne die Erkenntnisse aus meiner Arbeit mit Elitesoldaten heran. Auch bei ihnen wechseln sich extrem anstrengende mit eher ruhigen Phasen ab, die aber trotzdem auf ihre eigene Weise stressig sind. Der richtige Umgang mit dieser hohen Belastung wurde mir damals anhand einer Becher-Analogie erklärt: Ruhige Phasen werden dazu genutzt, den Becher durch Erholung, Stabilisierung des endokrinen Systems und ausgleichende Aktivitäten zu füllen. Dadurch bereitet man sich auf intensive Phasen mit hoher Belastung vor, in denen man wenig schläft und isst und viel Cortisol und Adrenalin ausgeschüttet wird. WHOOP ermöglichte es den Soldaten, diese Auffüllphasen zu quantifizieren. In Zeiten, in denen der Becher geleert wurde, wussten sie somit ganz genau, dass sie über die nötigen körperlichen Kräfte und die nötige Widerstandsfähigkeit verfügten, um allem standzuhalten. Das ist ein großer psychologischer Vorteil.

Frage: Haben Sie schon die Auswirkungen von Schichtarbeit näher untersucht? Beispielsweise bei Feuerwehrleuten oder in anderen Berufen, in denen 24-, 48- oder 72-Stunden-Schichten an der Tagesordnung sind?

Dr. King: Derzeit führen wir tatsächlich eine Studie zu genau diesem Thema durch. Dabei untersuchen wir die Auswirkungen von Stress und Schichtarbeit auf die geistige und körperliche Leistungsfähigkeit und die klinische Entscheidungsfindung von Assistenzärzt:innen in der Notaufnahme eines Krankenhauses in Australien. Das Verständnis der individuellen Anfälligkeit für und Reaktion auf arbeitsbedingten Stress ist bei medizinischem Personal besonders wichtig. Schließlich können die Auswirkungen von Stress zentrale kognitive Prozesse beeinträchtigen, die für optimale klinische Entscheidungen erforderlich sind.

Im Rahmen dieser Untersuchung soll ermittelt werden, welchen arbeitsbedingten Stressfaktoren angehende Ärzt:innen in der Ausbildung täglich ausgesetzt sind und wie sich diese auf ihr physiologisches, psychologisches und arbeitsbezogenes Wohlbefinden sowie auf ihre Leistung auswirken können. WHOOP hat übrigens vor einiger Zeit einen Beitrag mit Schlaftipps für Nachtschichtarbeit veröffentlicht, der einige interessante Einblicke zu diesem Thema bereithält.

Empfohlener Artikel (auf Englisch): Quantifying the Stress of Medical Training

 

UMGANG MIT ARBEITSBEDINGTEM STRESS

Frage: Was genau ist „Stress“ überhaupt und hat er auch positive Seiten?

Dr. King: Unter Stress versteht man alle Arten von Gedanken, Veränderungen oder externen Reizen, die eine körperliche, emotionale oder psychische Belastung darstellen. Stress ist die Reaktion unseres Körpers auf alles, was unsere Aufmerksamkeit oder unser Handeln erfordert: Er signalisiert uns, dass wir uns in Bewegung setzen und etwas tun sollen.

Und ja, Stress kann auch positive Seiten haben. Unter die Bezeichnung „Eustress“ fallen beispielsweise Stressoren, die den Organismus positiv beeinflussen und neue Energie freisetzen können. Dies geht häufig mit Adrenalinschüben einher. Ein gutes Beispiel dafür ist das Hochgefühl, das man manchmal beim Skifahren oder kurz vor dem Abschluss eines arbeitsintensiven Projekts empfindet. Es gibt eine ganze Reihe von Untersuchungen, die ergeben haben, dass kurzzeitiger oder akuter Stress mitunter auch Vorteile mit sich bringt. Beispielsweise kann er das Wachstum bestimmter Arten von Gehirnzellen aktivieren und einige Immunfunktionen etwas ankurbeln.

Wenn man psychologisch gegen Stress gewappnet ist, kann man besser mit größeren Belastungen umgehen. Außerdem ist man eher bereit, andere zu unterstützen oder sich von anderen helfen zu lassen, was ein schöner Nebeneffekt ist. Sofern er nicht chronisch ist, kann Stress auch den Einfallsreichtum, den Arbeitswillen und die Produktivität fördern.

Kritisch wird es allerdings, wenn wir über längere Zeit stark gestresst sind. Chronischer, unkontrollierter Stress hat schwerwiegende Auswirkungen auf das Immunsystem, die Verdauung, das Wachstum, die Regenerationsfähigkeit, das Gedächtnis und die allgemeine Stimmung. Hinzu kommt, dass dem Stoffwechsel sehr viel abverlangt wird, wenn sich der Körper in einem Stresszustand befindet. Von entscheidender Bedeutung ist dabei, wie Belastungen im Alltag wahrgenommen werden: Je nachdem, ob etwas als Bedrohung oder Herausforderung empfunden wird, ergibt sich ein anderes kardiovaskuläres bzw. endokrines Profil.

Empfohlener Artikel: Angstgefühle als Energiequelle für den Körper

Frage: Wie lässt sich Stress im Büro oder während des Arbeitsalltags am besten bewältigen?

Dr. King: Hier sind einige Tipps zum Stressabbau bei der Arbeit:

1. Man sollte darauf achten, im Laufe des Tages wenigstens eine soziale Interaktion mit anderen Menschen zu haben, durch die man sich zugehörig fühlt oder zum Lachen gebracht wird. Soziale Interaktionen bewirken eine vermehrte Ausschüttung von Oxytocin, was ein gutes Gegenmittel für das Stresshormon Cortisol ist.

2. Zeiträume längerer Inaktivität sollten, wenn möglich, vermieden werden. Unsere Vorfahren waren als Jäger und Sammler tagsüber immer auf den Beinen – und auch wir besitzen noch die gleiche neuronale Architektur. Daher wird unserem Gehirn bei Inaktivität signalisiert, dass wir entweder krank oder verletzt sind. Dies kann dazu führen, dass wir träger werden und uns immer weiter zurückziehen (ähnlich wie bei einer Depression).

3. Über den Tag verteilt ausreichend Wasser trinken – das wirkt sich auch äußerst positiv auf die Herzfrequenzvariabilität aus.

4. Durch das Blicken zum Horizont oder in die Ferne kann man mentaler Erschöpfung entgegenwirken. Das permanente Fokussieren des Blicks auf einen Punkt (wie das Smartphone oder den Laptop, wenn man den ganzen Tag drinnen ist) aktiviert den für Wachsamkeit und Aufmerksamkeit zuständigen Bereich im Gehirn. Dieser Bereich verbraucht viel Energie und regt die Produktion von Stresshormonen an. Daher sollte man den Blick ruhig mehrmals am Tag in die Ferne schweifen lassen. Dabei werden Stresshormone abgebaut und weniger stoffwechselintensive Gehirnzellen beansprucht, während der für Wachsamkeit zuständige Bereich des Gehirns Pause hat.

5. Negativen Gedanken und Grübeleien sollte man sich zum richtigen Zeitpunkt widmen. Gedanken dieser Art erzeugen Stresshormone, erhöhen die Herzfrequenz, verbrauchen wertvolle kognitive Ressourcen und Energie und wirken sich negativ auf die Lebenseinstellung aus. Am besten nimmt man sich möglichst jeden Tag in einem ruhigen Augenblick Zeit, um sich mit Problemen auseinanderzusetzen und die eigenen Sorgen aufzuschreiben. Das kann helfen, solche Gedanken besser zu bewältigen. Ein guter Zeitpunkt dafür ist vor dem Sport, weniger hingegen direkt vor dem Schlafengehen.

6. Der Abbau von Chemikalien, die die sogenannte Kampf-oder-Flucht-Reaktion auslösen, kann den Stressabbau begünstigen. Wir können unser primitives Gehirn durch eine schnelle Hampelmann-Übung, einen zügigen kurzen Spaziergang (oder Treppensteigen) oder die Beruhigung des Vagusnervs (durch drei schnelle Schläge auf das obere Brustbein) zurücksetzen, um die rasante Stresssignalisierung über den Vagusnerv zu unterbrechen.

7. Physiologische Seufzer, auch resonante Atmung genannt, beruhigen das sympathische Nervensystem und teilen dem Gehirn mit, dass es ganz beruhigt herunterfahren kann. Bei der Atmung durch die Nase produzieren Enzyme in den Nasennebenhöhlen ein gefäßerweiterndes und blutdrucksenkendes Stickoxid.

8. Wenn man in der Nacht zuvor schlecht geschlafen hat oder vor wichtigen Treffen oder Entscheidungen müde ist, sollte man ein Nickerchen einlegen. Ein 20- oder 90-minütiges Schläfchen kann die kognitive Leistungsfähigkeit verbessern. Wichtig ist dabei, nicht in einer Slow-Wave-Schlafphase aufzuwachen (also nach ca. 40 Minuten), da man sich durch das Erwachen aus dem Tiefschlaf sonst noch müder und erschöpfter fühlt.

Empfohlener Artikel: Auswirkungen von Stress auf HFV, Ruheherzfrequenz und Erholung

Frage: Was sollte man bei arbeitsbedingtem Stress oder Überarbeitung tun, um etwas Ruhe zu finden, sich zu sammeln und wieder auf Kurs zu kommen? Hilft es, Urlaub zu nehmen oder zumindest einen Tag frei zu machen?

Dr. King: Wenn wir wirklich ausgebrannt und überarbeitet sind, glauben wir oft, dass nur ein ausgedehnter Urlaub oder eine komplette Auszeit vom Berufsalltag dafür sorgen können, dass wir uns wieder normal fühlen. Aber dann denken wir auch, dass wir uns jetzt unmöglich einfach zwei Wochen freinehmen können. Das führt letztendlich dazu, dass wir uns noch überforderter fühlen als vorher. Und ich spreche hier aus Erfahrung! Bei der Nutzung von WHOOP habe ich festgestellt, dass kleine und konsequente Veränderungen schon helfen können, sich erholter zu fühlen und tatsächlich auch die Erholungswerte in den grünen Bereich zu bringen. Bessere Schlafgewohnheiten, weniger Alkoholkonsum, regelmäßige Essenszeiten, mehr Bewegung und Zeit im Freien haben dafür gesorgt, dass mein Gefühl der Überforderung und Erschöpfung mit der Zeit immer mehr abnahm.

Auch ein 3- bis 5-tägiger Digital Detox kann Wunder wirken. Dabei sollte man allerdings wirklich diszipliniert sein und maximal einmal am Tag das Smartphone in die Hand nehmen. Meiner mentalen Erholung hat das unglaublich gutgetan.

Frage: Können Sie etwas über das Ausmaß der Korrelation zwischen Stress und Belastung sagen? Aktivitäten oder Workouts mit hoher Belastung gelten ja als wirksames Mittel zum Stressabbau, aber auch Stresssituationen können doch zu einer Erhöhung der Herzfrequenz und kardiovaskulären Belastung führen. Mich würde daher interessieren, zu welchen Ergebnissen die Studie im Hinblick darauf gekommen ist, welche Belastung gesund für den Körper ist.

Dr. King: Das ist eine sehr gute Frage! Es ist völlig richtig, dass sowohl Stress als auch Sport zu einer Erhöhung der Herzfrequenz führen. Aber warum wird diese Erhöhung in einem Fall als positiv angesehen und im anderen nicht?

Die positiven Auswirkungen von Sport sind vielschichtig und gehen weit über den Anstieg der Herzfrequenz hinaus: Körperliche Betätigung erhöht auch die Sauerstoffversorgung des Gehirns, wirkt gefäßerweiternd, transportiert Lymphflüssigkeit durch den Körper, bewirkt eine Ausschüttung von Endorphinen, senkt den Blutdruck und den Blutzucker, sorgt für besseren Schlaf und verringert die Aktivierung des Angstzentrums im Gehirn.

Stress erhöht zwar ebenfalls die Herzfrequenz, doch das mit Stress, Angst oder Bedrohungen verbundene kardiovaskuläre Profil unterscheidet sich sehr stark von dem eines als angenehm empfundenen Workouts. Stress verengt die Blutgefäße, erhöht den Blutdruck und den Blutzucker und verstärkt die Blutgerinnung. Außerdem werden Stresshormone ausgeschüttet, welche die Regeneration während des Schlafs und das Immunsystem beeinträchtigen. Es sind also die mit Stress verbundenen Prozesse, durch die sich seine Auswirkungen von denen körperlicher Betätigung unterscheiden.

 

WEARABLES IM UNTERNEHMEN UND DER SCHUTZ VON GESUNDHEITSDATEN

Frage: Welche Rolle werden Wearables Ihrer Meinung nach zukünftig für Wellness-Programme von Unternehmen spielen?

Dr. King: In zukunftsorientierten Unternehmen spielen Wearables schon jetzt eine wichtige Rolle. So nutzen manche Unternehmen (und auch Sportmannschaften) beispielsweise die von WHOOP erfasste Atemfrequenz, um ihr Personal vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus zu schützen und Infektionen vorzubeugen und zu erkennen. Wenn es Messwerte gibt, die vor dem Auftreten von Symptomen darauf hindeuten, dass jemand an Corona erkrankt sein könnte, sollte diese Information genutzt werden, um weitere Ansteckungen zu verhindern.

Außerdem glaube ich, dass jüngere Menschen deutlich mehr Vertrauen in Unternehmen und Technologien haben, wenn es um die Erfassung und Nutzung von personenbezogenen und gesundheitsspezifischen Daten geht. Wenn jemand im Sport oder in der Wissensarbeit Höchstleistungen erbringen will, aber auf die Nutzung von Wearables verzichtet, kann sich das als erheblicher Nachteil herausstellen.

Frage: Wird in Ihrem Forschungsbereich darüber diskutiert, wie biometrische Daten vor dem Zugriff durch Unternehmen geschützt werden können? Könnte es für Arbeitnehmer:innen von Nachteil sein, wenn Unternehmen Daten einsehen können, die beispielsweise WHOOP bereitstellt?

Dr. King: Das ist ein guter Punkt. Ich finde, solche Wellness-Programme in Unternehmen sollten zum Ziel haben, das Wohlbefinden und die Sicherheit der Mitarbeiter:innen zu verbessern und gleichzeitig deren Privatsphäre zu schützen. Die wissenschaftliche Erforschung der menschlichen Physiologie und Psychologie mit dem Schutz der Privatsphäre in Einklang zu bringen, war schon immer ein von gewissen Spannungen geprägtes Unterfangen. Ich kann daher verstehen, wenn jemand ein ungutes Gefühl dabei hat, im Logbuch ehrliche Angaben zu Verhaltensweisen zu machen, die vom Arbeitgeber vielleicht nicht so gern gesehen werden.

Aus genau diesem Grund basiert unsere Forschung auf einem Modell, bei dem wir ausschließlich anonymisierte, aggregierte Daten erhalten. WHOOP nutzt dieses Modell auch bei der Zusammenarbeit mit Unternehmen. Individuelle Daten zu bestimmten Verhaltensweisen können also nur von der betreffenden Person selbst eingesehen werden. Unternehmen können hingegen ausschließlich auf aggregierte Statistiken zugreifen.