Podcast Nr. 29: Herzfrequenzvariabilität (HFV) mit Kristen Holmes und Emily Capodilupo
In dieser Folge unseres Podcasts beschäftigen wir uns ausführlich mit der Herzfrequenzvariabilität (HFV).
Kristen Holmes, VP of Performance bei WHOOP, und Emily Capodilupo, Director of Analytics, gehen in dieser Folge auf alles ein, was man zum Thema Herzfrequenzvariabilität (HFV) wissen sollte. Sie erklären zum Beispiel, was HFV überhaupt ist, wie sie gemessen wird und warum sie ein guter Indikator für die allgemeine Fitness ist. Außerdem sprechen Kristen und Emily darüber, wie WHOOP die HFV zur Berechnung des täglichen Erholungswerts und zur Optimierung des Trainings nutzt, welche Faktoren die HFV beeinflussen und wie man sie durch bestimmte Verhaltensweisen im Alltag verbessern kann. Die Herzfrequenzvariabilität ist eine der wichtigsten Messgrößen bei WHOOP und dient als Grundlage für viele Berechnungen und Analysen. Wer mehr darüber erfahren möchte, sollte unbedingt in diese Podcast-Folge reinhören.
HERZFREQUENZVARIABILITÄT (HFV) – ZITATE & HIGHLIGHTS AUS DEM PODCAST:
3:39 – Definition von Herzfrequenzvariabilität. „Die Herzfrequenzvariabilität ist die Veränderung des zeitlichen Abstands zwischen zwei aufeinanderfolgenden Herzschlägen“, erklärt Emily. Wenn das Herz in einer Minute 60 Mal schlägt, schlägt es nicht exakt jede Sekunde – manchmal beträgt der Abstand zwischen zwei Schlägen 1,2 Sekunden oder auch mal 0,8 Sekunden. „Diese Variabilität entsteht durch unterschiedliche Impulse, die von den verschiedenen Zweigen des Nervensystems ausgehen.“ 4:22 – Sympathikus und Parasympathikus: zwei Zweige des autonomen Nervensystems. „Das sympathische Nervensystem bereitet den Organismus auf körperliche und geistige Leistung vor, während das parasympathische Nervensystem für Ruhe, Verdauung und Erholung zuständig ist. Die Variabilität der Herzfrequenz entsteht, wenn beide Nervensysteme Impulse an das Herz senden“, erklärt Emily und ergänzt, dass dies gut und wichtig sei. „Wenn diese Systeme im Gleichgewicht sind, führt das zu einer hohen Variabilität, weil kein Zweig den anderen dominiert. Eine hohe HFV ist also ein Zeichen dafür, dass das Nervensystem im Gleichgewicht ist.“ 7:06 – Ein besserer Messwert als die Herzfrequenz. Warum ist die HFV ein so wichtiger Messwert und aussagekräftiger als die Ruheherzfrequenz? „Weil sie anhand des Herzschlags Rückschlüsse auf das Nervensystem zulässt“, erläutert Emily. 8:05 – Parasympathische Sättigung. „Wenn man nur die Herzfrequenz betrachtet, lässt man einen sehr wichtigen Messwert komplett außen vor“, erklärt Emily und bezieht sich damit auf den Fall, wenn sowohl die HFV als auch die Ruheherzfrequenz einen Abwärtstrend aufweisen. Parasympathische Sättigung „ist ein ziemlich seltener Zustand, den in der Regel nur hochtrainierte Ausdauersportler:innen erreichen“ – und ein Zeichen dafür, dass der Körper für Höchstleistungen bereit ist. 10:11 – Ruheherzfrequenz und HFV als Fitnessindikatoren. „Wenn die Herzfrequenz sinkt, bedeutet das, dass bei jedem Herzschlag mehr Blut gepumpt wird“, erklärt Emily. „Bei einer höheren HFV kann der Körper mehr Kapazitäten für das Training bereitstellen.“ Dabei sei es ganz normal, dass die HFV bei intensivem Training abnimmt. „Je weniger das sympathische Nervensystem dominiert, desto mehr Spielraum bleibt auch für die Aktivitäten des Sympathikus.“ 12:59 – Was wirkt sich auf die HFV aus? Aktivitätsniveau, Stress, Müdigkeit, Krankheit, Flüssigkeitszufuhr, Alkoholkonsum und viele andere Faktoren beeinflussen die HFV. „Sie ist eine äußerst empfindliche Messgröße“, betont Emily. Damit ist die HFV ein aussagekräftiger Messwert, sei aber auch schwierig zu analysieren: „Die HFV schwankt stark von Tag zu Tag und sogar innerhalb eines Tages.“ 16:23 – Varianz der Herzfrequenzvariabilität. „Je nachdem, was man gerade tun möchte, sollte man dem Körper das richtige Signal zur richtigen Zeit senden“, meint Kristen. „Das Ziel besteht allerdings nicht darin, die ganze Zeit über eine möglichst hohe HFV zu erreichen”, ergänzt sie. „Die Ressourcen des Körpers werden schließlich auch für andere Prozesse benötigt. Aber wenn man versteht, wie sich verschiedene Dinge auf die HFV auswirken, kann man den jeweils richtigen Zeitpunkt abpassen, um genau dann Höchstleistungen erbringen zu können, wenn es darauf ankommt.“ 17:27 – Warum WHOOP die HFV nur eingeschränkt anzeigt. „Die Messung der HFV am Tag ist ziemlich kompliziert und unterliegt vielen Störfaktoren“, weiß Kristen. „Zwar wird die HFV rund um die Uhr gemessen, aber nur die Messungen während des Schlafs werden auch berücksichtigt, da der Körper dann zur Ruhe kommt und die Störsignale geringer ausfallen.“ Emily weiter: „Die durchschnittliche HFV im Laufe des Tages zu betrachten, führt zu keinem besonders aussagekräftigen Ergebnis. Wir wollen unsere Mitglieder nicht mit Daten überhäufen, die keine verwertbaren Erkenntnisse bereithalten oder keinen konkreten Mehrwert bieten.“ 19:40 – WHOOP misst die HFV während des Schlafs. Früher war es unter Spitzenforscher:innen (Emily nennt in diesem Zusammenhang Daniel Plews und Martin Buchheit) üblich, die HFV sofort nach dem Aufstehen zu messen. Sie taten dies allerdings nicht, weil sie so die besten Messwerte erhielten, sondern weil es schlichtweg einfacher war. „Unser Schlaf-Tracking ist darauf ausgelegt, die bestmöglichen HFV-Messwerte für den Tag zu erhalten.“ 21:09 – Warum erfolgt die Messung während des Slow-Wave-Schlafs (SWS)? „Die HFV unterliegt während des Schlafs starken Schwankungen. Im Slow-Wave-Schlaf nimmt man so gut wie nichts mehr von seiner Umgebung wahr“, so Emily. Dadurch sei es die beste Zeit, um die HFV zu messen, auch um sie von Nacht zu Nacht zu vergleichen. Denn „während des SWS ist die Wahrscheinlichkeit am größten, ein sauberes Signal zu bekommen." In anderen Phasen des Schlafs hingegen können Änderungen der Atemfrequenz die HFV beeinflussen. 23:04 – HFV und Erholung. „Der von WHOOP berechnete Erholungswert basiert in erster Linie auf der HFV“, sagt Emily. Bis zu einem gewissen Grad werden zwar auch die Ruheherzfrequenz und der Schlaf berücksichtigt, besonders Letzterer fließt allerdings nicht so stark in die Berechnung ein. Dafür gibt es laut Emily Gründe: „Während des Schlafs erfasste Daten können mitunter enorm irreführend sein“, erklärt sie, „zum Beispiel wenn man krank ist oder viel Alkohol getrunken hat. Die HFV und die Ruheherzfrequenz sind da deutlich aussagekräftiger.“ Schlechter Schlaf wirke sich ohnehin negativ auf HFV und RHF aus, weshalb Schlaf als Messgröße hier auch als redundant eingestuft werden könne. Umgekehrt ließen sich auch die positiven Effekte von gutem Schlaf an HFV und RHF ablesen. 26:42 – Tägliche Schwankungen. „Eine schwankende Herzfrequenzvariabilität zahlt sich aus“, betont Emily. Manchmal könne es dabei auch von Vorteil sein, in den ‚roten Bereich‘ zu kommen. „Auf funktionelle Überlastung sollten konstruktive Ruhephasen folgen.“ 30:07 – Welche HFV wäre für mich am besten? „Diese Frage höre ich wirklich oft“, sagt Emily. „Wir haben festgestellt, dass die HFV im Laufe des Lebens zum Teil dramatisch abnimmt. Ältere Menschen haben in der Regel auch eine niedrigere HFV. Bei Frauen fällt sie noch einmal etwas niedriger aus als bei gleichaltrigen Männern. Außerdem konnten wir bei Ausdauersportler:innen eine höhere HFV feststellen als bei Kraftsportler:innen.“ Allerdings sollten Sportler:innen nicht ihre HFV-Werte untereinander vergleichen. „Dieser Messwert ist sehr individuell und lässt nur Rückschlüsse zu, wenn man sich Tag für Tag auf die eigenen Daten konzentriert.“ 32:11 – HFV-Trends. „Man sollte nur die eigenen Daten im Blick behalten und die HFV-Werte des Tages mit dem persönlichen Normalbereich abgleichen“, sagt Kristen, als es darum geht, wie man die Werte am besten analysiert. Emily ergänzt in diesem Zusammenhang: „Aus genau diesem Grund zeigt WHOOP auch keine Erholungswerte für die ersten vier Tage an. Bis zur Ermittlung eines Trends hätten diese Werte nämlich gar keine Aussagekraft.“ 33:00 – Anpassung des Lebensstils zur Verbesserung der HFV. „Nachdem sie Alkohol getrunken hatten, dauerte es bei den Mitgliedern eines Collegesport-Teams vier Tage, bis ihre HFV wieder in den Normalbereich zurückgekehrt war“, berichtet Emily aus einer im Jahr 2016 durchgeführten Studie. „Wenn man die Faktoren kennt, die sich auf die Leistungsfähigkeit auswirken können, tappt man nicht länger im Dunkeln, sondern kann den Körper gezielt auf Höchstleistungen vorbereiten“, ergänzt Kristen. 36:42 – Flüssigkeitszufuhr. „Das Blutvolumen wird durch die Flüssigkeitszufuhr bestimmt. Je mehr Flüssigkeit im Körper ist, desto weniger muss das Herz schlagen, um ihn mit Sauerstoff und Nährstoffen zu versorgen“, erklärt Emily. Dabei gilt als Faustregel: Pro Kilogramm Körpergewicht benötigt der Körper täglich etwa 30 bis 40 ml Wasser. 39:19 – Ernährung. „Je nachdem, was man ihm abverlangen möchte, sollte man dem Körper die richtigen Signale senden, um ihn bestmöglich vorzubereiten“, meint Kristen. Um die HFV zu verbessern, solle man beispielsweise auf optimale Essenszeiten achten und auf Dinge verzichten, die der Körper nicht gut verträgt, beispielsweise Gluten. „Das ist eine sehr individuelle Angelegenheit“, fügt Emily hinzu. 42:30 – Schlaf. „Ausreichender Schlaf ist natürlich eine der wichtigsten Grundvoraussetzungen“, so Kristen. „Alles, was das Ein- und Durchschlafen erschwert, wird sich wahrscheinlich auch negativ auf die HFV auswirken“, ergänzt Emily. 43:40 – Andere Faktoren. Emily erklärt weiter, dass auch andere Faktoren eine Rolle spielen können, zum Beispiel psychologischer Stress und auch körperliches Unwohlsein, etwa wenn man stark friere oder schwitze. „Es ist wirklich schwer zu schlafen, wenn einem zu warm ist.“ Dieser Podcast wurde auf Englisch aufgenommen. Empfohlener Artikel: Alles, was du über die Herzfrequenzvariabilität (HFV) wissen musst